Leben mit CGM

Ernährung und ihr Einfluss auf die Glukosewerte

Die Accu-Chek® SmartGuide CGM-Lösung und die zahlreichen Werte, die sie liefert, helfen Ihnen dabei, die Zusammenhänge zwischen Ihren Mahlzeiten und dem darauffolgenden Anstieg der Glukosewerte besser zu verstehen. Es gibt Möglichkeiten (z.B. Mahlzeitentests), wie Sie Ihr Mahlzeitenmanagement in Bezug auf die unterschiedlichen Kohlenhydrate, den Einfluss von Fett und Protein , sowie das richtige Timing der Insulingabe testen und optimieren können, um Schwankungen zu vermeiden.

Ernährung und ihr Einfluss auf die Glukosewerte

Glukosewerte und Trendpfeile nach Mahlzeiten

Als “postprandialer Blutzucker” wird der Blutzucker nach einer Mahlzeit bezeichnet. Das Gegenteil, also vor dem Essen, nennt man präprandial. Normalerweise beginnt der Blutzuckerwert 10 bis 15 Minuten nach einer Mahlzeit zu steigen und erreicht nach etwa 60 bis 90 Minuten sein Maximum.6 Allerdings handelt es sich hier nur um Richtwerte, denn die PPG (postprandiale Glukose) hängt von mehreren Faktoren ab, wie etwa die Art der Nahrung.

Die Accu-Chek® SmartGuide CGM-Lösung liefert einen kontinuierlichen Datenstrom, der für die Überwachung postprandialer Trends äusserst hilfreich ist. Bei jedem Menschen steigt nach einer Mahlzeit der Glukosewert. Wichtig für Sie ist nur, das Ausmass und die Dauer dieses Anstiegs im Auge zu behalten. Die Accu-Chek® SmartGuide CGM-Lösung kann Sie dabei unterstützen.

Wenn Sie Ihre postprandialen Werte mit einem CGM-System überwachen, müssen Sie sich etwas gedulden, bis das Insulin seine volle Wirkung zeigt, damit Sie nicht zu früh korrigierend eingreifen und es zu einer Überlappung der Insulinwirkung kommt.

Beachten Sie die folgenden Tipps zum Glukosemanagement nach Mahlzeiten:

  • Überprüfen Sie Ihren Glukosewert 1–2 Stunden nach der Mahlzeit4 in der Accu-Chek® SmartGuide App.
  • In diesem Zeitraum sollte der postprandiale Wert nicht über 10,0 mmol/L liegen. In Einzelfällen können mehr oder weniger strenge Zielbereiche gelten. Wenn Sie unsicher sind, wenden Sie sich an Ihr medizinisches Fachpersonal.5

Kohlenhydrate und der Effekt der glykämischen Last und des glykämischen Index

Die Accu-Chek® SmartGuide CGM-Lösung zeigt, was Sie bereits wussten: Kohlenhydrate lassen die Glukosewerte steigen. Wie schnell sie ansteigen, hängt aber nicht nur von der Kohlenhydratmenge, sondern bis zu einem gewissen Grad auch von der Art der Kohlenhydrate ab. Es ist daher sinnvoll, sich mit der glykämischen Last (GL) und dem glykämischen Index (GI) einer Mahlzeit zu beschäftigen. Weitere Informationen zu GL und GI finden Sie auf der Accu-Chek®-Website im Artikel: Welche Kohlenhydrate bei Diabetes? – Der glykämische Index hilft oder Schnelle oder langsame Kohlenhydrate: Ein Wegweiser

Studien und Fachverbände kommen zu folgenden Erkenntnissen und Empfehlungen: 
Nahrungsmittel mit einer niedrigen glykämischen Last (GL) sind vorteilhaft für die Verbesserung der Blutzuckerkontrolle.4

Die CGM-Grafiken von Menschen mit Diabetes, die an einer Studie in China teilgenommen haben, zeigen die Unterschiede zwischen Mahlzeiten mit niedrigem GI und solchen mit hohem GI.

6.8.1 nutrition_low vs hi GI_G

Glukosewerte nach dem Verzehr von Kartoffeln, Spaghetti und Linsen

Wenn man sich in Studien die CGM Verläufe nach dem Verzehr von Kartoffeln, Nudeln und Linsen anschaut, ist es naheliegend, auch Tipps zum Verzehr von ballaststoffreichen Lebensmitteln abzuleiten. Ballaststoffe sind nicht nur zur Verbesserung der Glukosewerte empfohlen, sondern haben auch andere Gründe, wieso diese gut für die allgemeine Gesundheit sind. Weitere Informationen zu den Ballaststoffen und der damit verbundenen “darmfreundlichen” Ernährung finden Sie im folgenden Artikel: Rundum gesund mit Ballaststoffen bei Diabetes

Ballaststoffe müssen bei der Berechnung der Insulindosis normalerweise nicht berücksichtigt werden, da sie nicht verdaut werden. In Bezug auf die CGM-Werte beeinflussen sie „nur“ die Intensität des Glukoseanstiegs.1

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Die Grafik zeigt, dass eine hohe Ballaststoffkonzentration den Glukoseanstieg verringert oder zunächst zu einem leichten Rückgang führt. Diese Daten stammen aus einer Glukoseauswertung von Menschen mit Typ-1-Diabetes, die 400g Linsen (hoher Ballaststoffgehalt), 200g gekochte Spaghetti oder vier gekochte Kartoffeln mit demselben Kohlenhydratfaktor gegessen haben.1

💡 Der Anstieg der Glukosewerte lässt sich beeinflussen, indem Sie die Menge der verdaulichen Stärke reduzieren. Eine Möglichkeit dazu besteht darin, die Lebensmittel anders zuzubereiten:

  • Essen Sie Kartoffeln, Nudeln oder Reis vom Vortag! Durch das Abkühlen gekochter, stärkehaltiger Lebensmittel wird ein Teil der Stärke in sogenannte „resistente“ Stärke umgewandelt. Resistente Stärke wird nicht ins Blut aufgenommen, sodass der Glukosewert nach dem Verzehr gekühlter oder auch wieder erwärmter stärkehaltiger Lebensmittel etwas weniger ausgeprägt ansteigt.
  • Die Kochzeit bei Nudeln spielt auch eine Rolle, daher sind al dente gekocht Nudeln zu empfehlen (noch mehr Vorteile haben Vollkorn-Nudeln al dente).1

Fette und Proteine mit sichtbarem Effekt

Wenn eine Mahlzeit reich an Fetten und/oder Proteinen ist, kann die Aufnahme der Kohlenhydrate verzögert werden und somit zu einem länger anhaltenden Glukoseanstieg führen. Aber auch einige Proteinbausteine selbst können in Glukose umgewandelt werden und so einen zeitverzögerten Effekt auf den Glukoseanstieg haben.

Kohlenhydrate mit oder ohne Fett/Protein: Was sind die Unterschiede und was bedeutet das für Ihre Insulintherapie?

Wenn Sie Typ-1-Diabetes haben, zeigen die CGM-Kurven, dass für fett- und/oder proteinreiche Mahlzeiten, die gleichzeitig viele Kohlenhydrate enthalten (z.B. Pizza) mehr Insulin erforderlich ist als für fett- und proteinarme Mahlzeiten mit demselben Kohlenhydratgehalt.9 Selbst Mahlzeiten, die fast keine oder gar keine Kohlenhydrate enthalten, führen zu einem verzögerten postprandialen Anstieg.8+9

Vielleicht lassen Ihre CGM-Kurven darauf schliessen, dass die Liste der Inhaltsstoffe und die Protein- und Fettmenge hierbei eine Rolle spielen.

So wurde beispielsweise bei Menschen mit Typ-1-Diabetes gezeigt, dass eine reine Proteinmahlzeit bestehend aus einem mageren Steak (≥ 230g) mit Salat eventuell eine andere Strategie für die Insulindosierung erfordert als eine Mahlzeit, die sowohl Proteine, als auch Kohlenhydrate enthält.9 (Mahlzeiten mit hohem Fett- und Proteinanteil werden normalerweise nicht mit Insulin berechnet – besprechen Sie dies mit Ihrem medizinischen Fachpersonal).

💡 Für die Insulintherapie kann es sinnvoll sein, neben dem Insulin und der Injektionszeit die sogenannten Fett-Protein-Einheiten (FPE) zu berechnen.

Die Abbildung zeigt die Glukosetrends einer Person mit Typ-1-Diabetes, die eine Pizza Margherita (320g) mit und ohne Berechnung der FPE zu sich nimmt.1

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Mit Typ-2 Diabetes sehen die Empfehlungen etwas anders aus. Die Forschung zeigt zwar, dass eine moderate Menge an Proteinen, die Menge an benötigtem Insulin erhöht, dies jedoch in der Regel durch die Restproduktion an körpereigenem Insulin (sofern noch vorhanden) bei Typ-2 Diabetes noch ausreichend abgedeckt werden kann. 

Fette scheinen den gleichen Einfluss wie bei Typ-1 Diabetes zu haben, sodass eine fettreiche Mahlzeit den Glukosewert langsamer erhöht, als eine kohlenhydratreiche Mahlzeit.10,11

Am besten besprechen Sie mit dem medizinischen Fachpersonal, ob Sie im Rahmen Ihrer Insulintherapie Fette zusätzlich berechnen sollten.

Und bedenken Sie: Auch wenn Proteine einen verzögerten Effekt auf Ihre CGM-Kurven haben, haben Proteine viele positive Effekte. Eine proteinreiche Ernährung und eher kohlenhydratreduzierte Ernährung (sofern Ihre Nierenfunktion nicht eingeschränkt ist) senkt den Insulinbedarf. Proteine tragen zur längeren Sättigung bei und können, sofern das für Sie ein Ziel ist, die Gewichtsreduktion begünstigen.1

Eine proteinreiche Ernährung beinhaltet beispielsweise Sojaprodukte, Hülsenfrüchte, Käse, Quark, Joghurt, Fisch und mageres Fleisch.

Weitere Informationen finden Sie in den Artikeln Ernährung bei Diabetes und allgemeine Ernährungstipps; Ernährung bei Diabetes: Baustein Eiweiss

CGM-Kurven nach Mahlzeiten: Lassen sich Muster erkennen?

Die Accu-Chek® SmartGuide CGM-Lösung liefert 24 Stunden am Tag Daten, an denen Sie Ihre eigenen ganz individuellen Muster mit der Mustererkennung der Accu-Chek® SmartGuide Predict App ablesen können. Analysieren Sie Ihre Mahlzeiten anhand folgender Anhaltspunkte:

  1. Absolute Höhe des Glukoseanstiegs nach einer Mahlzeit
  2. Maximale Differenz zum (präprandialen) Ausgangswert
  3. Aufnahmegeschwindigkeit der Kohlenhydrate (Steilheit der Kurve)
  4. Dauer der erhöhten Glukosewerte
  5. Besondere, individuelle Muster

Neben dieser Analyse historischer Daten können Sie mit Ihrem medizinischen Fachpersonal auch Tests zu einzelnen Mahlzeiten durchführen.

Durchführung von Mahlzeitentests

Jeder Mensch reagiert anders auf Mahlzeiten. Es wird daher empfohlen, den Mahlzeitentest mit einer CGM-Lösung durchzuführen.

Damit können Sie Ihre Glukosewerte strukturiert auswerten. Wählen Sie für den Mahlzeitentest Lebensmittel, die Sie gern essen, die in Ihrem Kulturkreis üblich sind usw.

Standardisierte Vorgehensweise für Mahlzeitentests:

  • 3 Stunden vor und nach dem Mahlzeitentest sollen keine Mahlzeiten gegessen oder kohlenhydrathaltigen Getränke getrunken werden.
  • 3 Stunden vor und nach dem Mahlzeitentest soll keine körperliche Betätigung wie Sport, Hausarbeit oder Gartenarbeit durchgeführt werden.
  • Der Ausgangsglukosewert soll zwischen 5,0 und 8,3 mmol/L liegen.
  • Der Mahlzeitentest soll nur bei stabilem Glukosetrend (horizontalem Trendpfeil) durchgeführt werden.
  • Dem Mahlzeitentest darf keine Hypoglykämie vorangegangen sein, da dies die Aussagekraft des Tests beeinträchtigt.
  • Nach Ablesen des CGM-Wertes sollen sowohl der aktuelle Glukosewert als auch der Trendpfeil (Geschwindigkeit des Anstiegs) dokumentiert werden
  • Jeder Mahlzeitentest umfasst mindestens 3 Mahlzeiten, die miteinander verglichen werden sollen.
  • Die Kohlenhydrate in den Testmahlzeiten sollten nicht geschätzt, sondern abgewogen und genau berechnet werden, um Ungenauigkeiten in der Beurteilung des Verlaufs auszuschliessen.
  • Während des Tests sollte das Insulin immer zur selben Zeit vor der Mahlzeit gespritzt werden.

Auswertung des Mahlzeitentests: Verwenden Sie zur Analyse die nachstehende Tabelle zur Einstufung von Glukosewerten nach Mahlzeiten. (Quelle: AGP-Fibel Ernährung)1.

  grün gelb orange
Postprandiale Glukosewerte bis 10,0 mmol/L 10,0–13,9 mmol/L über 13,9 mmol/L
Differenz des Anstiegs bis 3,3 mmol/L 3,3–5,6 mmol/L über 5,6 mmol/L
Geschwindigkeit des Glukoseanstiegs (Trendpfeile) langsam mittel schnell
Wiedererreichen des Ausgangswerts bis 3 Stunden bis 4 Stunden über 4 Stunden
Einordnung optimal individuelle Entscheidung, ggf. mit medizinischem Fachpersonal besprechen 
 
auffällig mit medizinischem Fachpersonal besprechen 

Auswertung des Mahlzeitentests: Verwenden Sie zur Analyse die nachstehende Tabelle zur Einstufung von Glukosewerten nach Mahlzeiten. (Quelle: AGP-Fibel Ernährung)1

Wenn Sie bei der Testauswertung die Empfehlung erhalten, sich an Ihr medizinisches Fachpersonal zu wenden, können Sie die Tipps und Anregungen aus dem folgenden Absatz mit ins Gespräch nehmen.

Tipps für das Mahlzeitenmanagement

Neben der genauen Berechnung der Kohlenhydrate und der Überprüfung der Kohlenhydratfaktoren ist auch der Zeitpunkt der Insulinverabreichung eine Anregung, Möglichkeiten zu testen, um das Risiko einer Über- oder Unterzuckerung (Hyper- oder Hypoglykämie) zu verringern.

Gesundheitsexperten und Wissenschaftlern zufolge kann die Verabreichung von (Bolus-)Insulin mit einem Spritz-Ess-Abstand (SEA), also 15–20 Minuten vor einer Mahlzeit dazu führen, dass der Glukosewert nach der Mahlzeit nicht so stark ansteigt. Auch Unterzuckerungen sind seltener. WICHTIG: Dies gilt nur, wenn der Glukosewert vor der Mahlzeit im Zielbereich lag.9+12

Besprechen Sie mit Ihrem medizinischen Fachpersonal, ob ein Spritz-Ess-Abstand auch für Sie sinnvoll ist.

Quellen:

[1] Kröger, J. Siegmund, T. et al. AGP-Fibel Ernährung: Mit CGM postprandiale Glukoseverläufe analysieren. 2020. 1 Aufl.. Kirchheim Verlag

[2] Diabetes-Forum, 2020; 32 (6) Seite 10-15

[3] David Zeevi, D. et al. Personalized Nutrition by Prediction of Glycemic Responses, Cell, Volume 163, Issue 5, 2015, Pages 1079-1094, ISSN 0092-8674, https://doi.org/10.1016/j.cell.2015.11.001

[4] International Diabetes Federation 2011; Guideline for management of postmeal glucose in diabetes. www.idf.org

[5] Nuha A. ElSayed, Nuha A. et al.; on behalf of the American Diabetes Association, 6. Glycemic Targets: Standards of Care in Diabetes—2023. Diabetes Care 1 January 2023; 46 (Supplement_1): S97–S110. https://doi.org/10.2337/dc23-S006

[6] Thomas, A. et al. CGM interpretieren. 2019. 2 Aufl.. Kirchheim Verlag

[7] Kaur, B. et al. The impact of a low glycaemic index (GI) diet on simultaneous measurements of blood glucose and fat oxidation: A whole body calorimetric study, Journal of Clinical & Translational Endocrinology, Volume 4, 2016, Pages 45-52, ISSN 2214-6237, https://doi.org/10.1016/j.jcte.2016.04.003

[8] Herron A, Sullivan C, Brouillard E, Steenkamp D. Late to the Party: Importance of Dietary Fat and Protein in the Intensive Management of Type-1 Diabetes. A Case Report. J Endocr Soc. 2017 Jun 23;1(8):1002-1005. doi: 10.1210/js.2017-00158. PMID: 29264550; PMCID: PMC5686679.

[9] Alison B. Evert; Factors Beyond Carbohydrate to Consider When Determining Meantime Insulin Doses: Protein, Fat, Timing, and Technology. Diabetes Spectr 1 May 2020; 33 (2): 149–155. https://doi.org/10.2337/ds20-0004

[10] Warshaw, H.W., 2016. Diabetes Meal Planning Made Easy. 5th ed. Virginia: American Diabetes Association.

[11] Franz, M.J., 2016. Diabetes Nutrition Therapy: Effectiveness, Macronutrients, Eating Patterns and Weight Management. Am J Med Sci. [online] Available at: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27079343/

[12] D. Slattery, S. A. Amiel, P.. Choudhary Optimal prandial timing of bolus insulin in diabetes management: a review. Diabet. Med. 35, 306-316 (2018). https://doi.org/10.1111/dme.13525